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Freitag 13. Dezember 2019

Weihnachten steht vor der Tür - Macht es Sinn, als Herzpatient eine Smartwatch mit EKG-Funktion zu kaufen?

Was kann man für Aussagen zur EKG-Messung mit der Apple Watch treffen? Funktioniert das? Herzstiftungs-Chefredakteur Prof. Dr. med. Thomas Meinertz hat darauf eine Antwort.

Schon lange mehr als nur eine Armbanduhr: Smartwatches gibt es seit einiger Zeit z. B. auch mit EKG-Funktion.

Schon lange mehr als nur eine Armbanduhr: Smartwatches gibt es seit einiger Zeit z. B. auch mit EKG-Funktion.

Für viele stellt sich kurz vor Weihnachten die Frage: Macht der Kauf einer Smartwatch für mich Sinn? Herzstiftungs-Chefredakteur Prof. Dr. med. Thomas Meinertz hat sich mit der Smartwatch intensiver befasst und gibt Antworten.

Hintergrund-Info: Im September 2018 wurde die Apple Watch 4 vorgestellt, die eine EKG-App enthält. Die FDA, die amerikanische Behörde für Medizinprodukte, hat die Funktion zugelassen. Bislang war die App nur in den USA freigeschaltet; seit diesem Jahr ist die EKG-Funktion der Smartwatch auch in Deutschland und 18 weiteren europäischen Ländern verfügbar.

Was sagen wissenschaftliche Studien?

Laut einer Mitteilung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie zeigten Voruntersuchungen, dass tatsächlich eine 95-prozentige Übereinstimmung von dem von der Smartwatch erkannten und dem klinisch dokumentierten Vorhofflimmern besteht.

Zu ähnlichen Ergebnissen kamen jüngst auch Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung in einer umfangreicheren Studie, die im Februar 2019 veröffentlicht wurde und an der über 500 Personen mit und ohne Vorhofflimmern teilgenommen hatten. Verwendet wurden in der Untersuchung Smartwatches, bei denen die Erkennung von Vorhofflimmern nicht per EKG erfolgte, sondern mittels Pulswellenanalyse. D. h., die Uhren erfassen per Sensor den Puls, der am Handgelenk ankommt und der bei Vorhofflimmern oft unregelmäßig ist, was einer der wichtigsten Hinweise auf diese Rhythmusstörung ist. Insgesamt waren die Ergebnisse der Studie sehr gut, wobei sich teilweise Probleme bei der Signalqualität zeigten, insbesondere wenn sich die Träger der Uhr während der Messungen bewegten. Nicht zuletzt deshalb konnten unter dem Strich rund 20 % der Daten nicht ausgewertet werden, was deutlich macht, dass bei dieser Methode noch Luft nach oben besteht.

Mit Smartwatch Herzinfarkte erkennen?

Eine wichtige Information ist, dass sich die Smartwatch nicht dazu eignet, Durchblutungsstörungen des Herzens zu erfassen, weder einen Herzinfarkt noch eine koronare Herzkrankheit. Dafür ist die EKG-Funktion der Smartwatch, bei der es sich lediglich um ein sogenanntes 1-Kanal-EKG handelt, zu einfach. Stattdessen sind EKG-Geräte erforderlich, bei denen mehrere Ableitungen gleichzeitig aufgezeichnet werden können. D. h. bei typischen Schmerzen im Brustraum, die auf einen Herzinfarkt hindeuten könnten, darf keine Zeit mit der Smartwatch verloren werden, sondern es muss nach wie vor direkt und ohne den geringsten Zeitverlust die 112 gewählt werden.

Vergleichbares gilt für die Erkennung bösartiger Herzrhythmusstörungen, die zum plötzlichen Herztod führen können. Dafür ist die Smartwatch ebenfalls nicht geeignet. Weitere wichtige Informationen dazu bekommen Sie übrigens auch auf den gerade beginnenden Herzwochen, deren Hauptthema dieses Jahr der »Plötzliche Herztod« ist.

Arztbesuche mit Smartwatch sparen?

Die amerikanische Zulassungsbehörde weist in ihrem „device approval letter“ ausdrücklich darauf hin, dass die Ergebnisse der EKG-App immer von einem Arzt abgeklärt werden müssen. In keinem Fall kann die Funktion also einen Arztbesuch ersetzen. Aber sie kann helfen, relevante Daten des Herzrhythmus aufzuzeichnen und einen unregelmäßigen Herzschlag, der auf Vorhofflimmern hindeutet, zu detektieren. Auf diese Weise kann die App für den betreuenden Arzt bei der Diagnose-Stellung hilfreich sein.

Empfehlung von Prof. Dr. med. Thomas Meinertz: Falls bei Ihnen die Frage im Raum steht, ob von Zeit zu Zeit Vorhofflimmern auftritt, das sich nicht auf einfache Weise anders erkennen lässt, können Sie Ihre Ärztin oder Ihren Arzt fragen, ob in Ihrem Fall ggf. auch eine Smartwatch sinnvoll ist. Beachten Sie allerdings den nicht unerheblichen Preis, der je nach Ausstattungsvariante und Bezugsquelle einige hundert Euro betragen kann, zumal eine Erstattung durch die Krankenkasse wahrscheinlich mehr als fraglich sein dürfte. Ob eine solche Smartwatch darüber hinaus auch für die Allgemeinbevölkerung sinnvoll ist, z. B. um Vorhofflimmern aufzuspüren, das ohne Beschwerden und nur phasenweise auftritt, was die Diagnosestellung oft besonders schwierig macht, muss sich erst noch zeigen. Nicht zu empfehlen ist die Uhr jedenfalls zum Erkennen eines Herzinfarktes. Dafür ist die EKG-Funktion der Smartwatch im Vergleich zu einem EKG, wie es in der Klinik oder von Notärzten vor Ort zum Einsatz kommt, zu einfach.


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